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von Gastredakteur

Gänge durch Tharandt und Wald - eine Chorwanderung

Im Irrgarten mit Blick auf die Rocky Mountains dachte ich mir: Das Weite und Ferne liegt manchmal so nah. Ein paar S-Bahn Stationen, ein paar Autominuten und schon eröffnen sich andere Welten.

Zum Beispiel eine Bergkirche und die Angst die umging, als wir mit unseren Wanderstiefeln den ausgelegten Teppich der Hochzeitsgesellschaft betraten, die heute hier feiern würde. Wie würde das Brautpaar reagieren? Oder würden sie selbst in Wanderstiefeln heiraten, weil sie sich einst so begegnet waren?

Eine Burgruine gleich in der Nähe und eine Tafel, die ein Ereignis im stammmütterlichen Witwensitz besang. Alles aus anderer Zeit Der Blick vom Balkon der Ruine über bewaldete Hügel und unter uns eine schmale Märchenvilla über den schlangenartigen Straßen und Schienen des Tals.

Weiter an Bäumen und Sträuchern mit lateinischen Schildern vorbei sahen wir im Dickicht des forstbotanischen Gartens einen Jäger und einen Bären aus Stein. Herkunft und Autor fast unbekannt und geheimnisvoll. Dann die Freude über den Ausblick auf Amerika. Zumindest forstbotanisch hier nicht nur Sehnsucht sondern grüne, nadelnde und steinerne Realität. Hier irrten wir dann fröhlich in alle Richtungen durch das noch junge Heckenlabyrinth. Nach dem Garten folgt dann der richtige Forst und ein Mann der für seine Arbeit an der Forstwissenschaft lebte und dem man zum Geleit ins Jenseits ein Waldgrabmal schuf: Umgeben von 80 Eichen fand Johann Heinrich Cotta 1844 seinen Seelenfrieden und wir staunten. Was für eine Geste.

Nur noch ein paar Meter und dann tat sich vor uns eine Lichtung auf, ein Vorsprung und vor uns das Tal mit Feldern und Miniaturbahn. Endlich Stullen, Rohkost und Gespräche. Dann: weiter im Gelände, auf und ab und mit Wald und Licht. In die Pilze konnten wir auch gehen, soweit Kenntnisse und Geduld vorhanden waren. Und dann schallte es durch den Wald, Lollipop, Lollipop, Sakrales und da Dadada. Ich hörte zu und genoß den Klang zwischen den Bäumen.

Und der Weg? Wir gingen während der gemeinsamen Stunden Wege, die schon länger nicht mehr begangen wurden, liefen durchs Dickicht und stiegen über Bäume, alles um weiterzukommen und dennoch den Weg bewusst wahrzunehmen. Und natürlich gab es auch viel leichtes und gut begehbares Gelände.

Und das Wetter? Fast warm, kein Regen und manchmal Sonne, die kurz die Blätter beschien. Wie schön ist doch ein feuchter bunter Wald im Herbst nach einem zu trockenen Sommer.

Dann, am Ende der Wanderzeit: Ein Bahnwärterhäuschen zwischen Weißeritz und Bahnanlagen, darin ein Café und vieles zum Genießen auf Bänken an frischer Luft. Gespräche in der Runde über Alltägliches, Chorspezifisches und Besonderes. Kafee und Kuchen und um uns herum diese tolle Atmosphäre, das Tal und die Tharandter Höhen. Ob das Bergkirchenpaar mittlerweile verheiratet war?

Vielen Dank für den schönen Tag, vielen Dank vor allem an Reimar für die Route, die Orga und dass du uns das Ferne im Nahen gezeigt hast.

Andreas Neis im Herbst 2022

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